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Mit dem Beginn der unternehmerischen Tätigkeit hatten wir uns entschlossen mit der Classic Line von Sage zu arbeiten. Diese war auch im elterlichen Betrieb im Einsatz und erschien für uns somit optimal geeignet zu sein.
Das dieses ein folgenschwerer Irrtum werden sollte, stellte sich jedoch erst deutlich später heraus.
Um nicht alle vorhandenen Daten manuell eintragen zu müssen haben wir nach kurzer Rücksprache mit dem Betreuer der System AG einfach die Daten des elterlichen Betriebes kopiert und nicht relevante Teile wieder aus dem System gelöscht. Leider vergaß der Betreuer zu dem Zeitpunkt zu erwähnen, dass Kontenrahmen völlig wirr und Jahrzehnte veraltet waren, Debitoren und Kreditoren vertauscht und auch das gesamte System für Warenlieferung in dem Bereich Import / Export nicht richtig eingerichtet gewesen ist.
Somit gab es in den kommenden 2 Jahren monatlich neue Baustellen, die mit nicht unerheblichem Zeitaufwand korrigiert werden mussten. Bis zuletzt jedoch gab es so gut wie nie eine Umsatzsteuervoranmeldung oder sonstige Auswertung aus dem Programm die einer schriftlichen oder manuellen Prüfung standgehalten hätte. Alle Lösungsversuche mit der System AG (im Zusammenspiel mit unserem Betreuer vor Ort) sind hier gescheitert.
Letztendlich Ärgernisse, aber kein Beinbruch. Als deutlich gravierender stellten sich 2 andere Probleme heraus. Wenn Kreditoren und Debitoren den jeweils anderen Nummernkreis nutzen, kommt es bei Unternehmen mit hoher Kundenzahl natürlich schnell an den Punkt, wo freie Nummern für neue Kunden Mangelware werden. Der einzige Lösungsvorschlag der hier nach unzähligen Telefonaten vorgeschlagen wurde war, der Nummernkreis um eine Stelle zu erweitern. Letztendlich sicherlich machbar, aber es bedeutet auch dass bei der Classic Line aus Kunde 801 dann 8010 wird und aus 802 dann 8020. Also pro Kunde 9 weitere Nummern ungenutzt bleiben.
Das andere – noch gravierendere Problem – waren das stetige Aufhängen (Deadlock) im System, welches „niemals mit einem Neustart des Systems“ gelöst werden darf, sondern immer mit dem entsprechenden Tool im Adminbereich. Bei ca. 2000 Deadlocks ist es uns – nur der Klarheit halber – nie gelungen mit dem dafür richtigen Tool das Problem zu beheben. Lediglich ein schließen des Programms über den Taskmanager brachte hier Hilfe.
Unserer Erfahrung nach ist die Classic Line für den Mehrplatzbetrieb nicht geeignet. Sobald 2 Personen gleichzeitig zugreifen, steigt die Gefahr, dass sich das Programm aufhängt. Umso mehr Personen, umso größer die Gefahr. An guten Tagen hatten wir alle 15-20 Minuten einen solchen Stillstand.
Auch die Geschwindigkeit des Systems, welches bei uns noch auf textbasierten Einträgen und nicht einer SQL Datenbank basierte (die auch zum heutigen Zeitpunkt noch nicht angeboten wird) war teilweise unterirdisch. So war das eigentlich nützliche Analyse tool, welches genutzt werden kann um sich alle Aufträge einen Kunden anzusehen am Anfang mit 10 Sekunden Laufzeit gut zu gebrauchen. Doch schon 18 Monate später wurden hier 3-4 Minuten benötigt um das Kundenprofil anzuzeigen.
Halten Sie einmal einen Kunden so lange in der (Telefon) Leitung um eine Rückfrage zu einer Bestellung geben zu können.
Dieses Problem der langen Wartezeit sei jedoch „hausgemacht“ war die Antwort. Man müsse nur alle Aufträge Archivieren (also auslagern und nicht mehr der Suche zur Verfügung stellen) um das System zu beschleunigen.
Stellt sich nur die Frage wie lange man Daten vorhalten will. Nicht selten möchten Kunden das Bestellen, was Sie vor knapp einem Jahr schon einmal bestellt haben. Um wie viel schneller wird also ein System, dass anstatt 18 Monate nur noch 12 abrufbereit halten muss ? Wenn man dann noch ein Wachstum voraussetzt, ist die Antwort einfach – es wird nicht schneller, sondern langsamer.
Für uns kam dann Ende 2010 der Punkt wo ein produktives Arbeiten kaum noch möglich war und noch etwas 5 Monate zur Verfügung standen, bis die letzte freie Kundennummer vergeben war. Da auch bei direktem telefonischen Support keine Hilfestellung möglich war, sind wir dann auf ein neues Programm umgestiegen.
Der Wunsch zur Kündigung aller laufenden Verträge wurde uns von dem Betreuer vor Ort bestätigt und mitgeteilt, dass man sich darum kümmern werde alle nötigen Schritte in die Wege zu leiten. Anscheinend siegt manchmal jedoch die Gier (vor Provisionen) über die Menschlichkeit. Als wir den Fehler bemerkten und die schriftliche Kündigung im Oktober übermittelten kam eine nette freundliche Antwort :
„Kündigung zum Jahresende nicht mehr möglich, da Sie 4 Monate vor Jahresende kündigen müssen, Ihre Kündigung erfolgt nun zum Ende 2011“
Eine etwas ärgerliche Antwort – deshalb haben wir telefonisch mit der System AG in Lohmar Kontakt aufgenommen und einen Kompromiss zu erreichen. Zahlung eines Teilbetrages weil zu spät gekündigt wurde und der Rest als Kundenservice ausgebucht, weil das gelieferte Programm so viele Schwachstellen hat, dass es nicht vernünftig genutzt werden kann. Bei dem Telefonat wurde uns mitgeteilt dass die SAGE AG die einzigen seien, die auf Kulanz einen Teil der Summe streichen könnten, gefolgt von dem Versprechen, man wolle sich darum kümmern.
Nur 4 Minuten später kam dann die schriftliche Antwort, dass die SAGE AG nicht bereit sei hier entgegenzukommen und dass der System AG somit leider die Hände gebunden sind.
Etwas skeptisch aufgrund der schnellen Antwort erfolgte unsererseits dann ein Anruf bei SAGE direkt und dort schlug man ganz andere Töne an : Der Partner – also die System AG hätte freie Hand und könnte sogar auf den ganzen Betrag verzichten. Von unseren Problemen höre man das erste mal, wenn jedoch die System AG den Wunsch einer Rechnungskürzung an Sie herantragen würde wäre auch eine Lösung möglich.
Mit diesen Informationen gab es dann das nächste Fax an die System AG – die sich seitdem jedoch nicht mehr gemeldet hat. Für mich unverständlich, denn die Probleme mit der Software sind nicht abzustreiten und ein so kundenunfreundliches Verhalten bedeutet, dass ich lieber auf einer Steintafel Rechnungen schreiben würde, als noch einmal mit der System AG oder der SAGE AG irgendwelche Verträge schließe.
Als Fazit bleibt wohl nur die Erkenntnis, dass für kleine Unternehmen mit überschaubaren Kundenstamm und Einzelplatznutzung wohl alles problemfrei läuft. Wir gehören leider nicht zu dieser Zielgruppe…
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